„Lac de cuisine“
war das erste französische Wort, mit dem sich unser kleines frankophiles Team schon leicht übermütig aufs große Frankreichabenteuer einübte. Noch vor Ort in Ratzeburg, von wo aus unser aufwändiges Ruderwanderprojekt am späten Nachmittag an Frankreichs Nationalfeiertag (14. Juli) startete.
Küchensee, an dessen Ufer der Ratzeburger Ruderclub liegt, ist der Name eines unser beiden gesteuerten Zweier, auf dem wir den „Lot“, ein stark mäandernder Fluss im Südwesten Frankreichs, erkunden wollten. „Küchensee“, frei übersetzt halt mit „Lac de cuisine“. Aber um „faire de l’aviron“ (rudern, auch „ramer“)) und „vivre wie Gott in Frankreich“ erleben zu können, na, da mussten unsere 2 rameurs und 4 rameuses, 5 Ruder*innen von der TRG (Martina, Miriam, Sibylle, Toralf, Ursula) sowie Sven aus Ratzeburg 3482 Autokilometer (hin und retour) bewältigen, „Lac de cuisine“ und „Libelle“ auf dem Anhänger unseres komfortablen Mercedes-Kleinbus. Unserem Fahrtenleiter und Vereinskameraden Sven, jetzt Ratzeburg und seinem dortigen Verein, dem RRC, sei hier nochmals gedankt, dass diese ausnahmslos schöne Tour zustande kommen konnte. Noch hatten wir keine Ahnung, dass uns das französische Wort „écluse“ (für Schleuse) bald so geläufig war wie merci oder (á votre) santé.
Einkaufs- Tank- und Fahrerwechselpausen eingerechnet hieß es jeweils 24 -26 Stunden durchfahren von Schleswig-Holstein in Frankreichs Region Midi-Pyrenées, ins Weinbau-, Walnuss-, Entenspeisen- und Schleusenparadies zwischen Villeneuve-sur-Lot und Cahors – um im Endeffekt 94 Kilometer eben l’aviron gemacht zu haben – an 5 ½ Tagen, mit 6 Übernachtungen. Jede Nacht auf einem anderen Zeltplatz, mal offiziell, mal „wild“ (noch schöner, noch idyllischer), den Bus samt Hänger und still verdrängten Verlustängsten „im Abseits“ abgestellt (einmal vis-á-vis von einem prächtigen Hanffeld!). Zweimal holte ihn Sven mit Autostop und Linienbus nach auf unserer Tour den Lot stromabwärts von Flagnac (km 264) bis Albas (km 120,6).
18 Schleusen allein auf diesem Abschnitt! Im Handbetrieb. Also immer steigen 2 Leute aus, klettern manchmal abenteuerliche Leitern hinauf oder abschüssiges Gestein hinunter um oben – oft schwer gängige – Kurbeln an beiden Schleusentoren zu betätigen. Ach ja – bei strahlendem Sonnenschein und hochsommerlichen Temperaturen. So was hält auf und vom zünftigen „faire l’aviron“ eher ab. Haste endlich mal das Boot in Schwung, hélas, die nächste écluse mit herausforderndem Anlege- und Klettermanöver. Und am letzten Tag, 1 Woche später, waren uns dann zum allseits bedauerten Abschied nur 7 Kilometer auf dem Lot vergönnt (hin und zurück!), weil die nächsten beiden Schleusen gesperrt waren.
Und – lohnt dies alles diesen Aufwand??! Einmal dort angekommen und Fahrt aufgenommen, stellte sich keinem von uns mehr diese Frage. Die entspannten, glücklichen, selbstzufriedenen Gesichter sagten alles aus. Sommerwetter wie’s sein sollte! Ein ruhig dahin fließender Lot, der zurzeit keine Wellen zu kennen scheint. Glasklares Wasser, baden, Abwasch, zähneputzen incl.). Praktisch kein Bootsverkehr! Le Lot – pour nous seuls! (Der Lot für uns quasi allein!) Üppiggrüne Laubmisch- und Walnusswälder, Weinfelder auf der Steuerbordseite, teils schroffe Felsen, mal mit Treidelpfadgalerie, vereinzelte romantisch anmutende Städtchen und Bergdörfer backbordseits. Ein Stadtbesuch mit Markt in Cahors, eine Stipvisite auf einem lokalen Töpfermarkt kurz vor Puy-l‘Eveque. Zwei von dreimal „Auswärtsessen“ abends erwiesen sich fern jeglicher Absicht unsererseits nahezu schon als Gourmetorgie mit vielfältigen Zubereitungsarten vor allem von Entenfleisch (auch wenn „nur“ ein Salat geordert wurde). Nicht zuletzt auf dem Zeltplatz die überbordenden petit-déjeuner- und Abendmahltafeln, engagiert zubereitet, mit besten Zutaten aus der région, café und eau minéral français, vin in rouge und rosé oder auch cidre. Alles passte. Die Stimmung, das Einvernehmen war ausnahmslos gut. Selbst beim einzigen (mächtigen) Gewitter samt Starkregen, der uns 6 mit gerade noch gerettetem Grillgut in Miriams 3-Personen-Zelt Asyl suchen und finden ließ. Eine Woche voller Entschleunigung.
Die Rückroute führte diesmal nicht durch Belgien südwärts sondern durchs traumhaft schöne Burgund. Da wären wir gerne wieder ausgestiegen und geblieben. Danach konnte, gut erholt, die lange Heimfahrt durch die langweilige deutsche Autobahnnacht – bis auf den jeweiligen Chauffeur – weitgehend verschlafen werden. Bis Sonntagmorgen gegen 10, als wir wieder am Küchensee anlangten.
Ursula